Funktions- und Erfahrungsbericht: Lawinenrucksack Mammut Pro (R.A.S.).
Aktualisierung 2020: Inzwischen ist das R.A.S. 2.0 System abgelöst durch das 3.0 System. Es gibt einige Unterscheidungsmerkmale an dem Lawinen-Airbag-System, auf die ich später noch eingehe. Zuerst will ich erwähnen, wie unübersichtlich der Markt aktuell ist. Verschiedene Systeme, Rucksack-Anbieter mit dem selben Grundsystem, jeder hat etwas im Angebot. Daher zwei Sachen: Überlegt euch gut, wozu ihr den Rucksack benötigt: Skitour, Freeride, Heliski, Schneeschuhgehen?
Die meisten Anbieter haben feste Lawinen-Rucksack-Varianten, welcher jeweils für bestimmte Aktivitäten optimiert ist (Tragesystem, Volumen, Befestigungsmöglichkeiten, etc.). Ich würde diesen Punkt in den Vordergrund stellen. Die Erfahrung zeigt, dass viele Systeme vom Benutzer nach 2-3 Jahren wieder ausgetauscht wurden, oder schlimmer, selten verwendet wurden, da sie zu schwer, zu klein, unpassend, etc. für die verschiedenen Aktivitäten sind. Man sieht ganz aktuell, wie sich die Gewohnheiten bzw. Ausrüstungsgegenstände der Bergsteiger / Wanderer und im kommenden Winter auch die der Wintertouristen entwickeln. Durch die Corona Thematik oft auch gezwungenermaßen, da die Berge überflutet werden von Ibiza, Mallorca und anderen gewohnheitsmäßigen Strandurlaubern. Skitourenziele werden in diesem Jahr ein nie dagewesen Zulauf bekommen. Daher finde ich es extrem wichtig, dass meine Ausrüstung flexibel für alle Anforderungen anpassbar ist. Daher ist für mich nie ein anderes System als das flexible Mammut System in Frage gekommen.
Weiterhin möchte ich an dieser Stelle den Customer Service von Mammut sehr loben (unbezahlte Werbung): meine Kartuschen für den Lawinenairbag wurden ohne Probleme auf das aktuelle System up-gegraded (Stahl –> Carbon). Das ist mein zweiter Tip: überlegt euch, wie der Kundenservice funktioniert (Auslösungshäufigkeit, Tausch der Kartuschen, etc.). Immerhin ist mein System inzwischen einige Jahre in Gebrauch.
Aber nun zu den Unterschieden im Mammut System R.A.S. 2.0, 3.0 und P.A.S.: Wesentlich weiterentwickelt hat sich das System natürlich in verschiedene Richtungen. Große Unterschiede gibt es in der Form des Airbags. Hier ist inzwischen häufig ein Seitenairbag verbaut und schützt den Kopf auch seitlich bei einem Lawinenabgang vor Verletzungen. Sehr Hilfreich ist das in Situationen mit wenig Schnee, im Frühjahr und hohem Verletzungsrisiko durch Absturz oder abrutschen im Aufstieg (die Auslösung ist in dieser Situation allerdings auch nicht ganz einfach)
01/2013 – in der Saison 12/13 dürften Lawinenrucksäcke (Mammut inzwischen mit Snowpulse, ABS, oder BCA) die Produkte im Wintersportbereich mit dem höchsten Absatzwachstum sein. Egal wo man fragt – leicht ist es momentan nicht, an die gewünsten Produkte zu kommen, da meist ausverkauft oder lange Lieferzeiten. Viele Hersteller ziehen nach und bringen eigene Produkte an der Start (The North Face, Orthovox, Salewa um einige Ausrüster zu nennen, vermutlich mehrheitlich mit eigenem Rucksack und ABS Technologie). Wobei ABS mit Orthovox zusammen auf der ISPO die M.A.S.S.-Unit (Modular Airbag Safety System) vorgestellt hat. Ähnlich dem Mammut R.A.S lässt sich der eigentliche Airbag bei allen Lawinenairbag-Rucksäcken von Ortovox herausnehmen. Dadurch wird der Rucksack um fast 2 Kilo leichter und lässt sich auch im Sommer flexibel einsetzen. Wie bei den Systemen den Überblick behalten? Welche Systeme sind für meine Anforderungen geeignet? Welcher Rucksack ist für mich geeignet? Ich habe gemerkt, dass die Antwort nicht ganz trivial ist. Noch schwieriger, eine vollständige Marktübersicht zu präsentieren. Dazu aber gleich mehr!
Hinzu kommt – ja, mir ist aufgefallen, zumindest scheint es so, dass man als Tourengeher schon fast wieder Out ist. Freerider mit bunten Klamotten und coolem Livestyle sind angesagt. Und die Rucksackmodelle gehen diese Richtung mit. Wichtiger noch – wird das Sicherheitsdenken vernachlässigt? Man hat ja die richtige Ausrüstung! Einsatz von Schaufel, Sonde und Pieps wird kaum geübt, bevor die Freeride-Gruppen ins Gelände stürmen. Die Antwort: Nein, es besteht kein Unterschied, auch viele Skitourengruppen üben den Umgang mit Rettungsausrüstung nicht oder ungenügend. Erst am Wochenende kam eine der zahlreichen kritischen Reportagen über den neuen Trendsport des Winters. Sicherheit, nein Danke? Glücklicherweise ist das nicht so – allerdings gibt es einige Probleme durch die Beliebtheit des Sports abseits der regulären Pisten. Eine Entwicklung analog den Skigebieten in USA / Canada ist zu beobachten. Die breiten Rockerski ermöglichen bzw. vereinfachen das Tiefschneefahren enorm. Daher müssen sich meines Erachtens die Skigebiete darauf einstellen und neue Grenzbereiche festlegen und deren Einhaltung rigoroser überwachen. Funktioniert in den USA gut und hätte einen positiven Nebeneffekt. Die Skigebiete können bestehende Hänge nutzen und müssen so weniger neue Liftanlagen bauen. So ist schonmal das Thema Freeriden besser untergebracht. Eine Frage bleibt: Naturschutz OK?
Im aktuellen Heft des OeAV wird der Ausbildungsgedanke diskutiert. Kameradenrettung wird bei vielen Touren (-Veranstaltungen) nicht wirklich geübt. Dabei empfiehlt der AV eine wenigstens 15 minütige Basisausbildung, um zumindest eine geringe Chance auf eine koordinierte Rettung zu haben.
Aber zurück zu den Rucksäcken und besonders dem Mammut R.A.S.. Ein Rucksack mit Lawinenairbag, der Sicherheit bietet, aber keinesfalls eine Lawinen-Ausbildung sowie die Lektüre des Lawinenlageberichtes und eine detaillierte Vorbereitung der Tour ersetzt. Daher geht zu eurem Alpenverein, Skiclub oder einem ähnlich seriösen Anbieter eines Lawinenkurses und lasst euch in Lawinenkunde und Tourenplanung fit machen!
Grundsätzlich hilfreich ist dieses Quick-Start Video von Mammut:
Video: Mammut R.A.S Quickstart Manual
Erfahrungsbericht Mammut R.A.S.:
Wenige der Händler hatten anscheinend mit der großen Nachfrage bei Lawinenairbagsystemen rechnen können. Mir ist es gelungen zwei Lawinenrucksäcke von Mammut (Pro R.A.S – System von Snowpulse, das 2010 von Mammut übernommen wurde) bei den bergfreunden.de zu beschaffen (Danke!). Auch wenn niedergelassene Fachhändler die Bedienung erklären (manche mit Probeauslösung) – sind doch viele Systeme über einen Onlineshop zu erhalten. Und nicht nachteilig, wenn man sich ein wenig damit beschäftigt. Es muss sich eben jeder selbst mit der richtigen Bedienung des Lawinenrucksacks vertraut machen. Schlecht ist das intensive Training nicht, viele Funktionen des Rucksacks hätte ich im Laden gar nicht mitbekommen (vielleicht war ich auch unkonzentriert). Egal.
Themen in diesem Artikel:
– Modellunterschiede (ich habe umfangreich recherchiert)
– Inbetriebnahme (Lernvideo von Mammut, etc.)
– Funktionen des Mammut Pro R.A.S.
Modellunterschiede / Lawinenrucksäcke:
Die Basics: es gibt zwei verschiedene Systeme (Einkammer-Airbags bspw. Snowpulse / Zweikammermodelle bspw. ABS). Beide Airbagssysteme arbeiten nach dem gleichen Prinzip und erhöhen den Auftrieb durch Volumen, schützen gleichzeitig den Nackenbereich.
Bei Mammut gibt es fünf verschiedene Modelle: Ride, Rocker, Pro, Protection und Light. Alle mit dem herausnehmbaren, auf Snowpulse basierenden System Removable Airback System (R.A.S.). Und schon das finde ich eine gute Sache – so kann der Rucksack im Sommer ebenso eingesetzt werden. ABS dagegen verfolgt den Ansatz, dass der Rucksack mit verschiedenen Ergänzungen erweitert werden kann. Das bedeutet eine Basiseinheit und ein (vergleichsweise günstiger, variabler) Aufsatz. Bei Mammut habe ich ein Airbagsystem, dass in jeden R.A.S. ready Rucksack integriert werden kann. Vorteil: der Rucksack ist meines Erachtens deutlich besser (Tragegestell, Befestigungsmöglichkeiten, Aufteilung, Innentaschen). Relevant wird das besonders bei Tourengängern, die einen größeren Rucksack benötigen. Hier hat Mammut die (meines Erachtens) überzeugendste Arbeit geleistet mit zahlreichen durchdachten Details. Im Freeridebereich sprich den Rucksäcken mit maximal Tagesgröße (bis ca. 20 Liter) ist viel von den persönlichen Vorlieben abhängig. Praktische Modelle gibt es hier deutlich mehr als im Tourenbereich (Mehrtagestauglich). Preislich als (noch wichtiger) funktionell sind am Airbagsystem keine großen Unterschiede. Ob Einkammer (Snowpulse) oder Zweikammer (ABS) macht in Sachen Sicherheit keinen Unterschied.
Warum gefällt mir der Mammut R.A.S. Lawinenrucksack so gut?
Aufteilung:
- extra Fach für die Sicherheitsausrüstung, Deckeltasche, Rückentasche für Wertsachen
- Zugänglichkeit: Reißverschluss am Rücken, Reisverschluss am Deckel.
- Befestigungen: Ski und Pickelhalterung (im Rucksack „versenkbar“), Helmhalterung, etc.
- Tragesystem: bequem und Stabil.
Was gefällt mir am Mammut nicht?
- Bauchgurt (lockert sich, daher weniger Stabilität auf der Hüfte bei schwerem Rucksack). Kein Sicherheitsproblem, nur für die Lastverteilung ein wenig zu locker.
- Befestigung für Kartusche ist vieeeel zu lang. Hätten noch zwei Ersatzkartuschen Platz 😉
- etwas mühsame Beschaffung der Ersatzkartuschen
Wiederverwendung: (Tausche der Kartusche und Wiederverpacken) – Dies sollte natürlich möglichst nicht notwendig werden. Vermeiden von Lawinenabgängen ist immer noch die sinnvollste Taktik:
Fazit:
Der erste Eindruck im Laden hat sich bestätigt. Für Rucksäcke ab 30 Liter zähle ich den Mammut R.A.S pro momentan zu den Besten am Markt erhältlichen. Bei den kleineren Miodellen (Freeridertauglichere Modelle) gibt es von ABS oder Salewa schönere und vermutlich trotzdem praktische Modelle. Online einen Lawinenrucksack zu kaufen würde ich wieder machen – allerdings darauf achten, dass ihr die Kartusche im Zweifelsfall einfach tauschen könnte. Die meisten Händler bieten eine Tauschkartusche für 10-20 Euro an, wenn man die leere einschickt.
Links zum Thema Lawinenairbag-RTucksäcke bzw. Systeme: